Instagram Takeover: Jessica Dettinger

Eine Woche lang übernahm Jessica Dettinger unseren Instagram-Account: die perfekte Gelegenheit also, sie zu einem weiteren Gespräch über ihre Arbeit als Designerin, Künstlerin und Kopf hinter dem Label Form of Interest zu treffen. Herausgekommen ist eine Reflexion über ihr Dasein als Beobachterin ihrer Umwelt und der Gesellschaft als Ganzes, als auch ihre Leidenschaft zur philosophischen Theorie und die Vereinbarkeit von Beruf und kreativer Betätigung.

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Jessica: Das Bild habe ich während der U-Bahnfahrt zu dem Konzert von Nalan381 aufgenommen. Die Idee einer Pflanze als Gast fand ich äußerst amüsant. Darüber hinaus interessiere ich mich sehr für Absurdes und Surrealistisches. Dies ist auch in jeglicher Form in meiner Arbeit wiederzufinden. Im Moment interessiere ich mich sehr für den digitalen Surrealismus. Die Pflanze als lebendes Objekt in Form eines Fahrgastes könnte schon eine Art Performance oder Installation sein. Es sind manchmal die scheinbar unbedeutenden Dinge, die mich inspirieren und schmunzeln lassen.

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Nalan381 – Was hast du mit dem Musiker-Duo zu schaffen?

Nalan381 sind Nalan und Nik – beides bezaubernde Menschen, die die Liebe zur außergewöhnlichen Musik teilen und dies in ihrer Vereinigung wundervoll als Duo zelebrieren, mit einer unaufdringlichen Bescheidenheit, aber gleichzeitiger Perfektion und Authentizität.
Nalan und ich lernten uns durch das gegenseitige Bewundern kennen und schätzen unserer jeweiligen Arbeit. Als sie mich in meinem damaligen Atelier besuchte, zeigte sich, dass wir im Kreativen wie im Menschlichen sehr auf einer Wellenlänge liegen. Daraus ist der Gedanke geboren uns für vier Teaservideos, der am 10.10.2015 erschienenen ersten EP von Nalan381, zusammen zu tun.

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Hier hast du uns dein Moodboard gezeigt – Woher beziehst du deine Inspiration für deine Mode und Kunst?

Meine Inspiration kommt hauptsächlich von Texten, die ich über gesellschaftsrelevante Themen lese, zum Beispiel von Byung Chul Han oder anderen Philosophen. Für mich hat Mode als System einen großen gesellschaftlichen Kontext, der Abseits der Industrie Strömungen und veränderte Rollen und Strukturen aufweist. Als Medium gesehen ist Mode befähigt dies durch Kleidung zu visualisieren. Mode hat für mich immer mit dem Menschen zu tun und ist eine Abarbeitung unserer heutigen Gesellschaft.
Da die Dekonstruktion viele Bereiche meiner Arbeit durchzieht, nutze ich das Internet kritisch als Inspirationspool, der sich in Form von Bildern auf Moodboards und Skizzenbüchern zu Geschichten verbindet. Dabei geht es auch um Filtern, um Neuordnen, in absurde ungewohnte Zusammenhänge. Ohne das Analoge von Büchern wäre meine Arbeit halb so viel wert. Das Wissen um den Nutzen von Büchereien spielt eine große Rolle – auch wenn ich heute kaum noch dazu komme in Büchereien zu recherchieren. Die Inspiration kommt von den Medien – den Büchern von Künstlern und von dem, was ich wahrnehme und mir zu einer Geschichte erdenke.

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Dein Arbeitsplatz – Wie darf man sich einen Arbeitstag in deinem Leben vorstellen?

Mein Arbeitsalltag ist unter der Woche hauptsächlich von meinem Hauptberuf als Color & Trim Designerin bei BMW bestimmt. Form of Interest hier unter zu bekommen ist eine große Challenge und verlangt viel Disziplin und To-Do-Listen. Dennoch würde ich behaupten, dass es seine großen Vorteile hat nicht meinen Lebensunterhalt mit Form of Interest verdienen zu müssen. Meistens schlafe ich nur 6 Stunden und versuche jeden Tag zu planen was zu tun ist. Im Moment klappt das ganz gut, sodass beides nicht zu kurz kommt. Das ist sicherlich auch ein wenig „wahnsinnig“, dennoch mach ich beides mit ganzem Herzen. Form of Interest bietet mir den visionären Freiraum im Bereich Design und Kunst.
Die Abende und Wochenenden sind dann hauptsächlich von Form of Interest bestimmt. Dies scheint sicherlich für einige unvorstellbar, aber es ist das was mich antreibt – ich bin leidenschaftliche Designerin, egal in welchem Bereich. Es gibt so viele Fragen die es zu beantworten gilt – es ist mein innerer Drang nach Antworten zu suchen.

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„Where do you take menswear from now“ hast du dieses Bild betitelt – Und wie lautet die Antwort? Was ist das besondere an deiner Mode?

Das habe ich mich vor einem Jahr gefragt und daraufhin eine Kollektion entwickelt, die es bis jetzt nur auf Papier als Entwurf gibt. Da ich mich in meinem BA Studium hauptsächlich mit Frauenkleidung beschäftigt habe und schon immer auch eine männliche Silhouette durch Oversized Schnitte auf den weiblichen Körper projiziert habe, suchte ich in der Männerkleidung für mich selbst eine neue Herausforderung. Diese Suche ergab sich aber auch aus meiner Wahrnehmung, indem ich feststellte, dass sich ein neues Männerbild ausformte. Diese Beobachtung machte ich in meinem Bekanntenkreis. Nach meiner Vorstellung liegt gerade im Bereich Menswear noch sehr viel Entwicklungspotential und Gestaltungsspielraum, weil Männer ganz anderes und teils subtiler/ funktionaler als Frauen mit Kleidung umgehen.
Im Wort Mode steckt aber an sich ja nicht nur Kleidung sondern auch die Mode einer Zeit. Man spricht immer von der Emanzipation von Frauen, wobei ich feststellen muss, dass es viele neue Bilder von Männern gibt, die sich formieren – die auch einer Art Emanzipation bedürfen. Ich spreche nicht von dem typischen Mann, der stark und unabhängig, nicht verletzbar sein darf, sondern von dem Gegenteil. Es reizt mich als neues Forschungsfeld, weil Mode immer die Kraft besitzt neue Bilder zu generieren.

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Bei der Super Paper Geburtstagsparty vergangenes Wochenende in der Alten Börse (Dem Heart Separee) hast du dich um eine Video-Projektion gekümmert – Auf was dürfen wir uns als nächstes von dir freuen?

Die Videoprojektion bei der Super Paper Geburtstagsparty waren Videos, die zusammen mit Jovana Reisinger und Nalan381 realisiert wurden. Darunter das Video für die Münchner Band Das Weiße Pferd, ein Fashionfilm für meine erste Kollektion, Videoclips für die erste EP von Nalan381 und ein Moodfilm, den ich wie eine Art digitale Collage aufgebaut hatte.

Als nächstes realisiere ich zusammen mit meinem Freund, mit dem ich das Labor für magischen Realismus betreibe, den Versuchsaufbau „No.4 – Widerhall“. Hierbei geht es uns um eine neue Herangehensweise an Kunst, die nicht nur abbildet, sondern in Interaktion mit dem Betrachter steht. Die Vernissage findet am 26.11.2016 im Mucca statt und wird von der Wals.Gallery organisiert. (Mehr hier)
Darüber hinaus soll im Frühjahr eine Gemeinschaftsproduktion mit dem Label Goldmundt auf den Markt kommen. In der Pipeline ist unter anderem auch ein neuer Film, der wieder mit Jovana Reisinger realisiert wurde. Nebenbei interessiere ich mich aber auch sehr für das Theoretische und werde ein paar Vorträge (unter anderem in der Plattform3) halten.

Form of interest sagt Danke an TWO IN A ROW mit einem Foto aufgenommen bei der Superpaper Party

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Wir sagen DANKE!

Hier findet ihr Jessica auf Instagram: @form_of_interest
Hier uns: @twoinarowcom