Interview: Yngve & The Innocent

Wir haben uns mit Yngve Wieland, aufgewachsen in Irland, später sesshaft in London und aktuell in München, zum Gespräch über seinen musikalischen Werdegang getroffen. Er ist Kopf der Band Yngve & The Innocent, die Folk, Blues und Rock´n´Roll ihr Zuhause nennen und damit durch ganz Europa touren.

 
Wie bist du mit der Musik anfänglich in Berührung gekommen?

Ich bin in einem sehr musikalischen Umfeld aufgewachsen, da mein Vater Schlagzeug spielt und jede Woche bei uns Zuhause Blues-Sessions mit lokalen Musikern veranstaltet wurden. Mit 9 Jahren habe ich dann selber angefangen Gitarre zu spielen und in der Schulzeit meine ersten Bands gegründet.

Gab es einen bestimmten Moment, der dich dazu motiviert hat die Musik nicht nur als nebensächliches Hobby zu verfolgen?

Während der Zeit meines Studiums in Dublin gründete ich eine wöchentliche Open-Mic-Session, wo ein wechselnder Gast und viele Studenten aufgetreten sind und Erfahrung gesammelt haben. Dort stand ich dann auch selbst jedes Mal auf der Bühne, wo ich anfangs ausschließlich Cover und später dann meine eigenen Songs gespielt habe. Sich selbst durch das Schreiben eigener Lieder auszudrücken ließ für mich ab dem Zeitpunkt alles andere in den Hintergrund rücken.

Wie hat sich das Ganze vom Soloprojekt zur Band Yngve & The Innocent entwickelt?

Ich bin immer noch solo als Singer/Songwriter unterwegs, auch meine erste EP kam als Einzelperson raus. Alleine Spielen hat definitiv seine Vorteile: man reist durch die Welt und lernt viele Leute kennen, mit denen man als Gruppe nicht unbedingt ins Gespräch kommen würde. Auf der anderen Seite ist der Druck viel größer, wenn man alleine mit der Gitarre auf einer Bühne steht. Es gab einen spezifischen Abend, an dem ich spontan für Paul Weller den Support spielen durfte, ab dem ich nicht mehr alleine spielen wollte. Es war ein tolles Konzert, aber trotzdem stand ich allein auf dieser riesigen Bühne und sah danach wie Paul
Weller mit seiner Band drei Stunden lang die Halle unterhielt. Ich wollte es auch mit einer Band probieren und habe daraufhin angefangen, im Dubliner Nachtleben und auf Konzerten Musiker zu suchen, die ebenfalls Lust darauf hatten. Über die Zeit entstand daraus das ‚Space To Be Yourself Collective’, ein recht freies Projekt, das viele Jahre in unterschiedlicher Formation bestand. Nach einem Festival fragte uns ein befreundeter Tontechniker, ob wir nicht eine eigene Platte aufnehmen wollten, weil wir ihm live so gut gefallen hatten. Da kam Bewegung in unsere Gruppe, weil sich ein paar von uns dafür noch nicht bereit gefühlt haben und ausgestiegen sind. Die erste Platte „Tell Men This“ wurde dann aber doch noch mit neuen Bandmitgliedern unter dem Namen „Yngve“ realisiert und 2008 veröffentlicht. Als ich später
im selben Jahr nach London zog, gründete sich erst die Band Yngve & The Innocent. Insgesamt war das eine wichtige Entwicklung für mich: der Schritt vom Solomusiker zum freien Kollektiv bis hin zu einer festen Band.

War der Umzug nach London auch Ausdruck der Entwicklung deiner musikalischen Karriere?

Ja, auf jeden Fall. Irland ist ein wunderschönes, aber sehr kleines Land. Dementsprechend hat es auch eine (im Vergleich zu London) kleine Musikszene, in der man schnell ein Niveau erreicht, das einen nicht mehr stark auf die Probe stellt. Ich wollte künstlerisch etwas Neues ausprobieren und da mein Bruder, der ebenfalls bei Yngve & The Innocent spielt, zu der Zeit nach Ostlondon gezogen ist, bin ich ins kalte Wasser gesprungen und zu ihm gezogen.

Wie hat dich London in deiner Kreativität geprägt?

In Irland gab es schon immer wahnsinnig tolle Musiker, aber es ist einfach kein Vergleich zu London, wo es tausende gute Bands gibt. Da ist es unumgänglich sich als Musiker zu steigern, um dort bestehen zu können. Die neue Situation, in der ich mich in ein fremdes Umfeld einleben musste, hat eine ganz eigene Dynamik entwickelt, die sich natürlich auch auf meine Musik ausgewirkt hat. Jeder Song des Debüt-Albums von Yngve & The Innocent ist von einer bestimmten Episode oder Begegnung in der Zeit in London inspiriert.

Nun bist du nach München gezogen. Was gibt es Neues von deiner Band Yngve & The Innocent?

Als es mit Yngve & The Innocent losging haben wir über mehrere Jahre wahnsinnig viel getourt. Da wir keinen Tourmanager hatten, organisierten wir alles selber. Es war eine tolle Zeit, aber wir waren danach einfach kaputt von dem ständigen Reisen und dem exzessiven Lebensstil, den man zeitweise auf einer Tour pflegt. Das Pensum haben wir nun zurückgeschraubt, wir leben mittlerweile auch alle in anderen Städten. Mit der Zeit wechselte sich immer wieder die Besetzung, allerdings hat sich mit jedem neuen Musiker auch die Qualität der Band aufs Neue gesteigert. Als ich vor 1 ½ Jahren nach München gezogen bin, hat sich der Kreis wieder geschlossen: Mein Bruder und ich bilden immer noch das ​Kernelement. Ned Cartwright, der 2008 schon als ursprüngliches Bandmitglied bei uns war und zwischenzeitlich ausgestiegen ist, ist nun wieder dabei. Er spielte auch unser Debut Album mit ein und ist ein wahnsinnig versierter Pianist und Sänger und gleichzeitig einer meiner besten Freunde. Zum ersten Mal dabei ist Münchner Robin Jermer als neuer Bassist, ebenfalls ein unglaublich talentierter Musiker. Ich freue mich schon sehr auf unsere zukünftige Zusammenarbeit!

Wie gestaltet sich der Alltag als Band, wenn ihr über mehrere Städte verteilt lebt?

Eigentlich hat sich nicht viel geändert, wir haben schon öfters an unterschiedlichen Orten gelebt. In London lebten wir schon zeitweise auch zusammen in einem Haus, da haben wir alles zusammengemacht und konnten buchstäblich im gemeinsamen Wohnzimmer proben. Aber wir sind mittlerweile erfahren genug, um trotz der Distanz gut als Band zusammenzuarbeiten. Wenn wir Konzerte zusammen spielen, treffen wir uns einfach einen Tag früher, um zu proben. Da wir mittlerweile so eingespielt sind klappt es auch sehr gut ohne regelmäßige Bandproben. Klar mag ich die analoge Arbeitsweise, bei der man sich beim Lieder schreiben und einüben zusammen physisch gegenübersitzt. Aber viel klappt heutzutage auch online und über die Dropbox. Ich habe eine Song-Idee, schicke eine erste Version meinem Bruder, der einen Schlagzeugrhythmus hinzufügt und der schickt es wieder an den Ned, unseren Pianisten der seinen Beitrag dazu schreibt. Einige Zeit später treffen wir uns, probieren das Ganze gemeinsam und mischen es in London im Studio zusammen. Jeder von uns hat sein eigenes Leben und wir müssen nicht zwingend ortsgebunden arbeiten, um unsere Band am Leben zu erhalten.

Ist Internetpräsenz mittlerweile für den Erfolg einer Band unerlässlich?

Ja, denn egal wie gut man ist, man muss zugänglich sein für die Leute. In der Hinsicht hat die digitale Welt natürlich seinen großen Nutzen, indem man seine Musik schneller verbreiten kann. Allerdings sollte man nicht vergessen, dass Facebook, Soundcloud und Co. letztendlich nur Werkzeuge sind, die man auf Kosten der Kunst nicht überstrapazieren sollte. Man muss die Balance zwischen der Musik und Marketing finden. Klar, kann man sich durch soziale Medien mit Fans oder Bookern verknüpfen und diesen auf einer noch nie da gewesenen Ebene begegnen, aber diese Plattformen dienen letztendlich der Selbstdarstellung und ​Vermarktung eines „Produkts“. Was für die Entwicklung einer Band am wichtigsten ist, sind meiner Meinung nach immer noch Live-Auftritte.

Wie gefällt dir München bis jetzt?

München ist eine wunderschöne Stadt und hat eine interessante Musikszene, auch wenn sie recht kompakt ist. Allerdings lernt man so schnell alle Leute einer Szene kennen. In London konnte man zum Beispiel 20 Konzerte im Jahr spielen, weil es so eine Masse an Veranstaltungen gab und ein einzelner Auftritt einer bestimmten Band nicht so stark ins Gewicht fiel. In München geht das natürlich nicht, da würden 2 Konzerte besser passen. Ich freue mich auf jeden Fall sehr auf unser erstes Konzert in München im Lost Weekend!

 
Yngve & The Innocent spielen am Freitag, den 04.03. im Lost Weekend in der Schellingstraße 3. VVK: 8 €, Abendkasse: 10 €, Einlass ab 20:00 Uhr. Support kommt von Gwyneth Herbert.