Kommentar: „Manic Street Parade“ im Schlachthofviertel

Ich liebe München. Das fällt einem wohl oft nicht schwer mit der Heimat. Wobei – der ein oder andere flieht ja lieber und kehrt nur für den Festbraten, Beerdigungen, Diamantene Hochzeiten oder Babyshowern zurück. Ich nicht. Ich bleibe, weil es schön ist, zu bleiben.
Noch schöner wäre es, wenn meine Stadt nicht für viele – manchmal aus diesem Grund so betitelten – „Sau-Preißen“ ganz schön präsent nach Weißwürsten, Bier und sog. „Hochkultur“ riechen würde. Denn das tut sie nicht. Oder zumindest nicht nur. Es gibt so viele tolle und andere Leute wie Dinge hier. Oft flirrt die Luft. München hat jedoch anstrengende Imageprobleme wie z.B. auch Tennisspielen. Denkt man an Tennis, sieht man gleich zu fest gezurrte Pferdeschwänze, die aus halben Caps – Farbe weiß – rausluren vor dem inneren Auge und denkt an Snobs und Schickeria. Im besten Fall hat man Gerhard Polts zarte Stimme „Oliver, Oliver, pass auf, er spielt Longline“ in den Ohren. Dies auch eine nickende Bestätigung, dass Tennis irgendwie nix für einen selber ist. Aber Tennis macht bestimmt total Spaß. Also nicht, dass ich das wirklich wüsste, weil ich hab es noch nie ausprobiert, aber ich glaube das eben. München hingegen habe ich ausgiebig (aus)probiert. München ist viel mehr als sein oben erwähnter Stereotyp. Und das wissen wir hier alle. Aber das Image ist wohl beim Pferderennen von Ludwig von Bayern und Prinzessin Therese von Sachsen-Hildburghausen zu fest in die Theresienwiese gestampft worden. Das müsste sich doch aber ändern lassen.

Mit der Manic Street Parade versuchen wir da einen kleinen Beitrag zu leisten. Manic. Manisch. Verrückt. Aber: So verrückt ist die Idee gar nicht. Das Thema Popkultur muss größer geschrieben und lauter geschrien werden. Von allen Seiten. Pop. Populär? Shakira? Justin Bieber? Das meine ich nicht. Populär kann alles werden, seit Telefone nicht mehr grün sind und mit Spiralkabeln nur einen Radius von 2 Metern im Flur bedienen. Was Pop feiert, ist doch von jeher das Neue. Das (Un-)Gewöhnliche. Die Innovation. Und der sind – dank Globalisierung – keinerlei Grenzen mehr gesetzt. Pop ist Gegenwart und die gefällt mir. Der Motor heißt Toleranz. Am Steuer sitzt jeder selbst. Und das ist mehr als großartig und sollte gefeiert werden. Wann und wo? Passenderweise am Samstag nach der Wiesn. Vielleicht ist der Boden da etwas aufgelockert und bereit für: 13 Bands aus 8 Nationen, die uns zeigen, was sie gerade machen. Wie ihre Sichtweise ist. Und genau diese Plattform kriegen sie ab jetzt auch in München jährlich. Beginnend am 8.10. in fünf Läden im Schlachthofviertel (in Fußgehreichweite). Das Programm stellt man sich selber zusammen. Oder lässt sich treiben. Die Bands kennt man vielleicht nicht – man kann sie aber kennenlernen. Ich stehe auf den Zehenspitzen und freue mich hüpfend über den (popkulturellen) Besuch. Auch – oder besonders – ohne Tracht. Ganz großes Tennis eben.

www.manic-street-parade.com
www.facebook.com/manicstreetparade

 
Manic Street Parade
Samstag, 8.10.2016
Schlachthofviertel (Strom, Substanz, Schlachthof, Pigalle, Gruam)

 
Fotos: Manic Street Parade, Autorenfoto: Bertil Mark